Sportvereine sind Bildungsorte

Quelle: DOSB

Ein Kommentar von Gudrun Schwind-Gick und Dr. Jaana Eichhorn

Es ist mal wieder so weit, eigentlich war es keine Überraschung - und doch ist die Aufregung wie üblich groß. Am 5. Dezember 2023 belegte die PISA-Studie wieder einmal, wie schlecht es um die schulischen Leistungen der jungen Menschen in Deutschland bestellt ist. Die Veröffentlichung der ersten PISA-Ergebnisse im Jahr 2001 hat sich mit dem Begriff „PISA-Schock“ ins kollektive Gedächtnis eingebrannt und markiert den Startschuss für zahllose bildungspolitische Debatten. Auch die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel forderte einst: „Wir müssen die Bildungsrepublik Deutschland werden“. Und 2023 nun das: „PISA-Katastrophe!“ titelt das große Leitmedium der Bildungsrepublik mit den 4 Buchstaben.

Aber was macht „gute Bildung“ überhaupt aus? Es ist natürlich nicht zu bestreiten, dass junge Menschen bestmögliche Kompetenzen in Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften entwickeln müssen und dass dies insbesondere Aufgabe der Institution Schule ist. Gleichzeitig demonstriert die Aufgeregtheit der Berichterstattung aber auch, wie eindimensional das Bildungsverständnis in Deutschland immer noch ist. Kaum jemand schaut darauf, was „gute Bildung“ noch alles beinhaltet. Und es wird übersehen, dass Schulen allein nicht dafür sorgen können, dass Deutschland seinem Anspruch als „Bildungsrepublik“ gerecht wird. Schulen sind nur ein Teil der Bildungslandschaften, in denen junge Menschen die zentralen Kompetenzen entwickeln, die für die bestmögliche Entfaltung ihrer Persönlichkeit notwendig sind. Schulen können zudem nicht dafür sorgen, dass das viel zitierte „lebenslange Lernen“, das wir in Deutschland zukünftig mehr denn je brauchen werden, gelingen kann. Bildung ist eben mehr als Schule.

Insbesondere die vielfältigen Leistungen, die die Zivilgesellschaft zu Bildungskarrieren beiträgt, werden in der aktuell hitzigen Diskussion sträflich vernachlässigt. Viele zivilgesellschaftliche Organisationen unterstützen - ohne staatlichen Auftrag - Menschen in ihren Bildungskarrieren. Und dies meist ehrenamtlich! Dieses zivilgesellschaftliche Bildungsengagement ist so vielfältig wie es individuelle Bildungskarrieren in Deutschland sind. Zivilgesellschaft geht an die Schulen - etwa im Rahmen von Lesepatenschaften -, Zivilgesellschaft unterstützt Schulen - etwa als Förderverein -, und Zivilgesellschaft bietet Angebote neben der Schule an, beispielsweise als Träger von Angeboten der Jugendarbeit.

Und gerade auch die 87.000 Sportvereine in Deutschland leisten als Teil der Zivilgesellschaft ganz zentrale Beiträge zu persönlichen Bildungskarrieren. Im Vordergrund steht - analog zum Sportunterricht - das sportspezifische Lernen, also Bewegungslernen, sportliche Technik und Taktik. Darüber hinaus lernen Sportler*innen, sich in ein Team einzubringen, mit den Grenzen der eigenen körperlichen Fähigkeiten sowie mit Erfolgen und Niederlagen im Wettkampf umzugehen. Persönlichkeits- und Teamentwicklung sind zentrale Themen der Jugendarbeit im Sportverein, Demokratielernen und Fairplay stehen aktuell im Fokus.

Ganz besondere Lerngelegenheiten bieten die vielfältigen Engagementmöglichkeiten, denn durch ehrenamtliches und freiwilliges Engagement im Sport erfahren Menschen jeden Alters nicht nur Selbstwirksamkeit, sie erweitern auch ihre Kompetenzen. Darüber hinaus bieten Sportverbände ein vielfältiges Aus- und Fortbildungssystem an. Engagierte können sich nach bundesweit einheitlichen Qualitätsstandards als Trainer*innen oder in Managementfragen qualifizieren und diese Qualifikation mit einer DOSB-Lizenz bestätigen lassen. Etwa 460.000 DOSB-Lizenzen sind derzeit in Deutschland gültig und werden durch regelmäßige Fortbildungen bestätigt.

Bildungskarrieren beginnen und enden nicht in der Schule. Sportvereine bieten vom Babyschwimmen bis zur Vorstandstätigkeit Bausteine für ganzheitliche und individuelle Bildungskarrieren für alle Menschen in allen Altersstufen. Bildungspolitik tut gut daran, diese nicht länger zu ignorieren und die Bildungspotenziale der Zivilgesellschaft endlich anzuerkennen. Denn #BildungIstMehrAlsPISA und #SportIstBildung!

(Autorinnen: Gudrun Schwind-Gick, Ressortleiterin Bildung und Engagement und Dr. Jaana Eichhorn, Ressortleiterin Junges Engagement und Bewegung bei der dsj)

Quelle: DOSB


Zurück