Konzeption

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Konzeption einer Jugendbegegnung

Bevor es zu einer tatsächlichen Jugendbegegnung kommt, gilt es einiges an Vorüberlegungen anzustellen und organisatorischen Dingen zu klären. Um eine gelungene Jugendbegegnung zu organisieren, müssen daher zunächst die Rahmenbedingungen festgelegt werden.
Erste Schritte der Organisation bilden die Ausarbeitung und Strukturierung der Ideen und Ziele (Konzept), das Einholen der Genehmigung des Vereins durch den Vorstand und die Klärung der Finanzen. Anschließend folgt die Suche nach einer Partnerorganisation, sofern noch keine vorhanden ist. 

Wenn bisher lediglich die Idee zur Durchführung einer Begegnung besteht und noch ein wenig Inspiration benötigt wird, empfehlen wir den Blick auf die folgenden Good Practise Beispiele. In dieser Rubrik finden Sie Berichte erfolgreicher und anhaltender Austausche zur Inspiration. Viel Spaß beim Lesen! 

Fußball-Freundschaft zwischen Oberrad und Lyon

"Ehrliche Freundschaften sind enstanden"

Der Frankfurter Fußballverein Spvgg Oberrad 05 und der französische Verein AS Bellecour-Perrache aus Lyon pflegen seit fünf Jahren einen erfolgreichen Jugendaustausch, aus dem eine dauerhafte und freundschaftliche Vereinspartnerschaft entstand. Beide Fußballvereine zogen daraus Vorteile, auf sportlicher Ebene - aber nicht nur. Herr Oliver Herrchen und Herr Jérôme Humbert, Betreuer und Mitglieder im Organisationsteam beim Austausch, sagen uns Näheres zu ihrer Partnerschaft. 

Frankfurt und Lyon pflegen bekanntlich eine funktionierende Beziehung. Schon seit 1960 bilden beide Metropolen eine offizielle Städtepartnerschaft, die im Rahmen des Annäherungsprozesses zwischen Deutschland und Frankreich entstand. Seit 2009 verbindet das Projekt Europod Sportvereine aus beiden Städten (die gemeinsame englische Partnerstadt Birmingham ist seit 2016 auch mit dabei) mit dem Ziel, regelmäßige und dauerhafte Jugendaustausche zu veranstalten. Nach elf erfolgreichen Auflagen entstanden aus dem Projekt zahlreiche deutsch-französische Vereinsfreundschaften. Die zwischen diesen beiden Fußballvereinen ist ein gutes Beispiel dafür. Doch das Matching zwischen beiden Vereinen resultiert aus einem Zusammentreffen von unterschiedlichen Umständen.

Alles begann, als die AS Bellecour-Perrache, Amateurfußballverein im 2. Lyoner Arrondissement, vom Sportamt seiner Stadt über die Möglichkeit eines Austausches mit einem Frankfurter Fußballverein informiert wurde. Es handelte sich darum, Partnerverein als Ersatz eines Lyoner Vereins zu werden. Für Jérôme Humbert, damals Vereinsvorsitzender, klang das Angebot als eine interessante Herausforderung. „Wir wurden vom Projekt begeistert. Wir dachten, an einem solchen Austausch teilnehmen, könnte ein Mittel für uns sein, den Verein wachsen zu lassen und neue Horizonte für unsere Jugendlichen zu schaffen.“, erklärt Jérôme Humbert, dessen Verein bisher noch keine Partnerschaft mit dem Ausland hatte. „Wir suchten nicht unbedingt danach, Kontakt mit einem Partnerverein zu knüpfen, aber wir waren grundsätzlich offen dafür“.  

Ein Problem trat kurz vor der ersten Begegnung auf, als der geplante Frankfurter Fußballverein seine Teilnahme am Austausch sechs Wochen vor der Anreise des Lyoner Vereins absagen musste. Die Sportjugend Frankfurt machte sich umgehend auf die Suche nach einem möglichen Ersatzverein. So erfuhr Oliver Herrchen, Betreuer bei der Spvgg Oberrad 05, vom Kommen der französischen Delegation aus Lyon. „Wir waren nicht wirklich dafür vorbereitet, aber die Idee, Leute aus Frankreich zu empfangen, hat uns gefallen. Wir hatten Erfahrung bei internationalen Turnieren aber noch nie, was interkulturelle Jugendaustausche angeht. Wir haben uns organisiert und Unterkünfte bei Gastfamilien zur Verfügung gestellt. Ein bisschen unter Zeitdruck, aber alles hat sehr gut funktioniert“. An diesem ersten Besuch in Oberrad, dem am Waldrand liegenden Viertel der Frankfurter Südoststadt, nahmen 17 Jugendlichen aus Lyon teil. Kennenlernzeiten und gemeinsame Trainingseinheiten standen auf dem Programm dieser fast improvisierten ersten Begegnung – der Anfang einer Vereinsfreundschaft.

„Auf der gleichen Wellenlänge“

Nach diesem ersten gelungenen Treffen beschlossen beide Vereine, eine Partnerschaft auf die Beine zu stellen. Seit 2015 findet also der Austausch eine Woche im Jahr statt, abwechselnd in Frankfurt und in Lyon. Beide Strukturen haben ihren Rhythmus gefunden und enge Bindungen entwickelt. „Das hat mit den deutschen Betreuern sofort funktioniert, weil wir mit ihnen die gleiche Familienvision teilen. Menschlich hat es sehr gut gepasst. Wir sind zudem ähnlich strukturiert und setzen beide die persönliche Entfaltung unserer Jugendlichen in den Vordergrund. Ich glaube, das ist ein wichtiges Kriterium für den Erfolg einer Partnerschaft. Zum Glück befinden wir uns auf der gleichen Wellenlänge.“, erklärt Jérôme Humbert. „Der Austausch ermöglicht die Entdeckung einer neuen Kultur, eines anderen Landes. Unsere Jugendlichen erleben bei jedem Austausch eine bereichernde Erfahrung und das Interesse am Austausch ist ständig gewachsen.“

Mit Delegationen von 15 bis 20 Jugendlichen im Alter von 12 bis 17 Jahren besuchen sich beide Vereine jedes Jahr einander. Mit dem Ziel, natürlich sportliche Zeiten gemeinsam auf dem Fußballplatz zu verbringen, aber nicht nur. „Kulturelle Zeiten spielen eine zentrale Rolle. Dafür sind wir mit unseren Gästen ziemlich viel unterwegs. Zum Beispiel haben wir eine Stadtrallye durch Frankfurt organisiert und die bedeutendsten Sehenswürdigkeiten der Stadt besichtigt. Aber manchmal ist weniger auch mehr. Die freien Zeiten auf dem Platz und in den Gastfamilien sind sehr wichtig, um einander näher zu kommen und um die lokale Kultur zu entdecken“, erzählt Oliver Herrchen. „Sportlich, aber auch menschlich gesehen, hat der Austausch eine positive Auswirkung auf unsere Jugendlichen. Das ermöglicht die kulturelle Offenheit und die Motivation beim Erlernen der Sprachen ist dadurch sogar gestiegen!“, ergänzt Jérôme Humbert.

Zwischen beiden Vereinen war die Sprachbarriere nie ein Problem. Zunächst auf Englisch und schrittweise etwas mehr auf Deutsch und Französisch. Aber wie auch immer, ist der Sport, und hier der Fußball, eine Weltsprache, die zusammenbringt. Und zwar manchmal dauerhaft. „Manche Teilnehmer sind noch sehr eng untereinander verbunden und haben sich sogar außerhalb der Austausche getroffen.“, freut sich Oliver Herrchen. Die Betreuer und die Jugendlichen behalten ansonsten Kontakt während des restlichen Jahres per WhatsApp oder auf den Social-Media-Kanälen. Beide Betreuer können stolz behaupten: „Man kann sagen, dass ehrliche Freundschaften aus dem Austausch entstanden sind“.

Besten Dank an Oliver Herrchen und Jérôme Humbert für ihre freundliche Teilnahme.