Auf dem Weg zum Zukunftsplan Safe Sport

Foto: Adobe / moonphasestudio

Ein Kommentar von Elena Lamby, Ressortleiterin Gesellschaftspolitik der dsj

Nach drei Jahren konnte das Forum Safe Sport der Deutschen Sportjugend (dsj) am 9. November 2022 endlich wieder in Präsenz stattfinden. Seit 2010 hat sich dieser Fachtag zu einem festen Format für Ansprechpersonen für den Schutz vor (sexualisierter) Gewalt im Sport der Mitgliedsorganisationen von dsj und DOSB etabliert. Unter dem Titel „Die Zukunft planen – Gemeinsam für einen sicheren Sport“ fanden sich rund 70 dieser Ansprechpersonen in Frankfurt am Main zusammen. Das Forum findet seit 2010 jährlich statt und ist ein wichtiger Ort der Vernetzung von Sport, Wissenschaft, Fachpraxis und Politik. In diesem Jahr wurde bewusst ein Raum zum vertraulichen Austausch zwischen den Ansprechpersonen der Verbände geschaffen, um deren Themen rund um die Zukunft der Prävention, Intervention und Aufarbeitung zum Schutz vor Gewalt zu diskutieren.   

Vieles hat sich allein in den letzten 12 Monaten weiterentwickelt: die Studie „SicherImSport“ lieferte erstmals Daten zu interpersonaler Gewalt im Breitensport, die Aufarbeitungskommission veröffentlichte eine Fallstudie basierend auf Interviews mit Betroffenen aus dem Sport, der Trägerverein Safe Sport – als Grundlage zur Einrichtung einer bundesweiten unabhängigen Ansprechstelle für Betroffene – wurde u.a. von BMI und Ländern gegründet. Mit dem Abschluss des Dialogprozesses „Schutz vor Gewalt im Sport“ im August 2022 konnten dsj und DOSB mit ihren Mitgliedsorganisationen eine gemeinsame Position zum von der Bundesregierung geplanten Zentrum für Safe Sport vorlegen sowie sich auf die Entwicklung eines Zukunftsplans zur konsequenten Umsetzung der originären Verantwortung des Sports für den Schutz vor Gewalt verständigen. Zuletzt hatte die dsj-Vollversammlung am 23. Oktober 2022 in Wuppertal hierzu einstimmig die Resolution „Schutz vor Gewalt im Sport im Zukunftsplan Safe Sport als nachhaltige Gesamtstrategie verankern!“ beschlossen. 

Beim Forum fasste Prof. Dr. Bettina Rulofs von der Deutschen Sporthochschule Köln die Ergebnisse der o.g. Studien und die daraus resultierenden Implikationen für die Entwicklung eines Zukunftsplans für einen besseren Schutz vor physischer, emotionaler und sexualisierter Gewalt im Sport zusammen. Die Ansprechpersonen nutzten im Anschluss das Open Space Format für die kritische Reflexion sowie Diskussion von Ideen für die Weiterentwicklung der Strategien und Maßnahmen auf dem Weg zu einer langfristigen Gesamtstrategie des organisierten Sports – dem Zukunftsplan Safe Sport. Eingebracht und diskutiert wurde beispielsweise: Wie kann auf Basis der Verpflichtung zu Schutzkonzepten ein echter Kulturwandel gelingen? Wie passen Sanktionierung und Sensibilisierung zusammen? Wie kann erfolgreiche Qualitätssicherung und -management unter Berücksichtigung von Ehrenamt und Fluktuation gelingen? Wie soll der steigende Beratungsbedarf von Sportvereinen auf regionaler Ebene langfristig und nachhaltig abgedeckt werden? 

Auf Bundesebene werden aktuell viele wichtige Schritte gegangen, um allen Personen, insbesondere Kinder und Jugendlichen, in Sportverbänden und -vereinen ein sicheres Umfeld zu schaffen. Eine bundesweite unabhängige Ansprechstelle für Betroffene aus dem Sport wird derzeit eingerichtet. In einem Stakeholder-Dialog beim BMI sollen bis zum Sommer 2023 die Aufgaben, die Finanzierung und die Organisation des künftigen Zentrums für Safe Sport festgelegt werden. Der DOSB will sich mit seinen Mitgliedsorganisationen bei seiner anstehenden Mitgliederversammlung am 3. Dezember 2022 in Baden-Baden zur Resolution „Schutz vor Gewalt im Sport im Zukunftsplan Safe Sport als nachhaltige Gesamtstrategie verankern!“ bekennen und damit den Startschuss für die Erarbeitung des Zukunftsplans geben. Auch soll es dort in Ergänzung zur „Münchener Erklärung“ von 2010, einer Selbstverpflichtung der damaligen Mitgliederversammlung des DOSB zu Prävention von und Intervention bei sexualisierter Gewalt, eine Erklärung zur ehrlichen und schonungslosen Aufarbeitung von Fällen sexualisierter Belästigung und Gewalt aus der Vergangenheit geben.  

Es liegt ein großer Fokus von Politik, Öffentlichkeit und dem organisierten Sport selbst auf dem Schutz vor Gewalt und damit der Prävention, Intervention und Aufarbeitung in Sportverbänden und -vereinen. Auch und vor allem weil Betroffene den Mut aufgebracht haben zu sprechen, Akteur*innen wie Athleten Deutschland wichtige neue Impulse setzen, Landessportbünde wissenschaftliche Studien für den Breitensport finanziert haben und einzelne Spitzenverbände beginnen, Wege der Aufarbeitung zu beschreiten. Der Aufbau des Zentrums für Safe Sport und das Vorhaben von dsj und DOSB mit dem Zukunftsplan ein nachhaltiges Strategie- und Maßnahmenpaket zu schnüren, können ein Vorbild für andere gesellschaftliche Bereiche sein. Hierzu braucht es das ständige Bewusstsein darüber, dass Sport im Verein neben den vielen positiven Effekten auch verletzende und traumatisierende Auswirkungen haben und die große Sportfamilie neben der besonderen Bedeutung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt auch ein Ort von Machtmissbrauch sein kann.  

Quelle: DOSB-Presse


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