„Den Rechtsanspruch auf einen Freiwilligendienst mitdenken!“

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Deutsche Sportjugend reagiert auf den Gesetzesentwurf für den neuen Wehrdienst

Verteidigungsminister Boris Pistorius hat den ersten Gesetzentwurf für den angekündigten neuen Wehrdienst vorgelegt. Der neue Wehrdienst soll – wie im Koalitionsvertrag vereinbart – zunächst auf Freiwilligkeit beruhen, enthält aber auch eine Klausel, die eine rasche Reaktivierung der Wehrpflicht ermöglicht.

Mögliche Ersatzdienste werden maßgeblich von zivilgesellschaftlichen Strukturen umgesetzt werden müssen

Sobald der Bundestag beschließen sollte, dass der Wehrdienst verpflichtend ist, braucht es für die Kriegsdienstverweigerer einen Ersatzdienst außerhalb der Bundeswehr. Ein möglicher Ersatzdienst müsste von den zivilgesellschaftlichen Strukturen maßgeblich umgesetzt werden. Das hätte Auswirkungen auf die etablierten Freiwilligendienstformate. Die Deutsche Sportjugend (dsj), einer der Träger der Freiwilligendienste in der Gesellschaft, bietet ihre Unterstützung bei der Konzeption des neuen Wehrersatzdienstes an. Ihrer Einschätzung nach sind zentrale Aspekte bei der Ausgestaltung eines Wehrersatzdienstes dringend zu berücksichtigen:

  1. Zivildienst im Sport nach altem Muster wäre kein Zukunftsmodell
    Der 2011 ausgesetzte Zivildienst war weder als demokratischer Lerndienst ausgestaltet noch pädagogisch begleitet oder von Trägern umgesetzt. Im Sport war zudem beispielsweise die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen kein erlaubtes Einsatzfeld, Vereinsangehörige durften im eigenen Verein keinen Dienst leisten. Aus Sicht der dsj wäre ein Zivildienst im Sport nach altem Muster demnach kein wünschenswertes Zukunftsmodell. Es braucht einen zukunftsorientierten Ersatzdienst, der die Freiwilligendienste mitdenkt.
  2. Ersatzdienstfunktion von Freiwilligendiensten berücksichtigen
    Von 2002 bis 2011 gab es im Zivildienstgesetz (§ 14c) die Möglichkeit, einen Freiwilligendienst anstelle des Zivildienstes zu leisten. Das Modell „FSJ statt Zivildienst“ eröffnete attraktive Einsatzfelder wie die Kinder- und Jugendarbeit, brachte höhere Zuschüsse und geringe Abbruchquoten mit sich, benachteiligte jedoch junge Frauen, Ausgemusterte und Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit bei der Platzvergabe. In der zukünftigen Ausgestaltung des „Neuen Wehrdienst“-Modells wäre zu prüfen, inwieweit Freiwilligendienste wieder generell und im Idealfall präventiv die Ersatzdienstfunktion – eventuell in Anlehnung an das frühere Zivildienstgesetz nach § 14c – übernehmen können.

Zivilgesellschaftliche Akteure einbeziehen: Recht auf einen Freiwilligendienst als Option

Entscheidend für die erfolgreiche Wiedereinsetzung eines Ersatzdienstes sind die zivilgesellschaftlichen Akteure. Sie haben die Expertise, wie ein Ersatzdienst bestmöglich ausgestaltet werden kann und wie sich negative Effekte vermeiden lassen.

Um dieses Potenzial optimal zu nutzen, schlägt die Deutsche Sportjugend vor, die mögliche Wiedereinführung eines Wehr(ersatz)dienstes mit dem Recht auf einen Freiwilligendienst zu verbinden. Stefan Raid, Vorsitzender der Deutschen Sportjugend, erläutert das Modell: „Der Freiwilligendienst der Zukunft unterliegt keiner Kontingentierung und wird mit einem vom Bund finanzierten, auskömmlichen Taschengeld auf Bafög-Niveau ausgestattet, so dass er unabhängig von familiären wirtschaftlichen Voraussetzungen ausgewählt werden kann. Wird tatsächlich eine Wehrpflicht eingeführt, so entscheiden die jungen Wehrpflichtigen selbst, ob sie sich bei der Bundeswehr verpflichten, oder einen Freiwilligendienst leisten – etwa im Sportverein.“

Das heißt: Junge Männer mit deutschem Pass, die wehrtauglich sind, müssten, die anderen könnten sich entscheiden, ob sie einen Wehrdienst oder einen Freiwilligendienst ableisten. Einer Verweigerung bedarf es nicht. Während des Dienstes unterliegen die Freiwilligen komplett den Regelungen der Freiwilligendienste. „Diese Lösung ist ein Gewinn hoch drei: für alle jungen Menschen – unabhängig von ihrem Geschlecht oder ihrer Nationalität -, für die Einsatzstellen und für die Gesellschaft“, resümiert Raid.


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