Mit der Einbindung aller relevanten Stakeholder in den Prozess der Aufarbeitung im Sport soll eine größtmögliche Transparenz und Vertrauen in das Projekt geschaffen werden

Erste erfolgreiche Dialog-Veranstaltung im Projekt Aufarbeitung im Sport

„GESCHICHTEN DIE ZÄHLEN“ ist die Botschaft der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs. Die Geschichten von Betroffenen sexualisierter Gewalt im organisierten Sport bilden das Fundament für das Projekt Aufarbeitung. Im gemeinsamen Projekt von dsj und DOSB geht es darum, Leitlinien zu erstellen wie es Sportverbänden und -vereinen gelingen kann, zurückliegende Fälle sexualisierter Belästigung und Gewalt gegen Kinder und Jugendliche aufzuarbeiten.  Dabei war es das Anliegen des heutigen Kick-Offs, die Ziele und den partizipativen Projektablauf des Projektes Aufarbeitung sexualisierter Belästigung und Gewalt im Detail vorzustellen und mit allen Beteiligten ins Gespräch zu kommen. 

Eröffnet wurde die Veranstaltung gemeinsam von Stefan Raid, 1. Vorsitzender der dsj, und Dr. Petra Tzschoppe, DOSB-Vizepräsidentin Frauen und Gleichstellung. Stefan Raid sagte zu Beginn: „Vor etwa einem Jahr hatten wir die Möglichkeit beim öffentlichen Hearing der Aufarbeitungskommission durch die Berichte der Betroffenen tiefe Einblicke zu bekommen, was passiert, wenn Sportvereine kein sicherer Ort für Kinder und Jugendliche sind.“  Die Impulse, die die Betroffenen gegeben haben, sollen in Zusammenarbeit mit Vertreter*innen aus dem Sport, den Mitgliedsorganisationen des DOSB und der dsj, der Wissenschaft, Politik und Gesellschaft die Basis für ein gemeinsames Verständnis bilden.   

Karola Kurr, Referentin bei der dsj im Projekt Aufarbeitung, hat im Gespräch mit Marie Strube, die erstmals beim Hearing vor einem Jahr ihre eigene Geschichte als Betroffene geteilt hat, hinterfragt, was aus Betroffenensicht die richtigen Schritte sind und was bei der Erstellung von Handlungsleitlinien für den organsierten Sport am wichtigsten ist. „Was ich schön finde, dass ich schon mittendrin bin, dass ihr da schon was ganz richtig macht, weil ich in den Prozess eingebunden werde und die Chance habe, mich dazu zu äußern.“, so Marie Strube im Interview, „Was das Wichtigste für uns [Betroffene] ist, dass wir Ernst und wahrgenommen werden und das man auf unsere Erfahrungen beziehungsweise unsere Wünsche eingeht.“ 

Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand die Herangehensweise an die Ausgestaltung konkreter Leitlinien und die Frage, was dabei am Ende nicht fehlen darf. Dazu brachte Frau Prof. Sabine Andresen, ehemalige Vorsitzende der Aufarbeitungskommission und Professorin an der Goethe Universität Frankfurt, ihre Erwartungen aus der Perspektive der Aufarbeitungskommission ein. Insbesondere verwies sie auf die Herausforderungen, die die Komplexität der Sportstrukturen mit sich bringen und betonte, dass die Rechte der Betroffenen und die Pflichten der Institutionen das Zentrum in einem Entwicklungsprozess von Leitlinien für den Sport bilden müssen. 
Frau Prof. Bettina Rulofs von der Deutschen Sporthochschule Köln und ehemalige Leiterin des europäischen Projekts VOICE stellte heraus, dass aus Sicht der Wissenschaft und auf Basis des VOICE-Projekts/Case-Projekts Entschuldigungen und echte Unterstützung von Verantwortlichen die zentralen Inhalte der Leitlinien sein sollten.  
Und Frau Angelika Ribler aus dem Kindeswohl-Team der Sportjugend Hessen verdeutlichte, dass Aufarbeitung im besten Fall im Konsens zwischen Betroffenen, Verantwortlichen und internen und externen Beratungsstellen erfolgt, denn schließlich sei es das gemeinsame Anliegen, dass Kinder und Jugendliche besser geschützt werden.  

„Das Projekt basiert auf einem partizipativen Dialogprozess. Die Grundlage dafür bilden die Betroffenen und ihre Erlebnisse. Sie können uns helfen, Leitlinien für die Aufarbeitung weiterer Fälle zu erarbeiten. Unser Ziel ist es, alle relevanten Stakeholder in den Prozess einzubeziehen und somit größtmögliche Transparenz zu gewährleisten und Vertrauen in das Projekt zu schaffen. Nur mit der Aufarbeitung der Vergangenheit können wir gemeinsam den Sport in der Gegenwart sicherer machen“, so Stefan Raid zur Vorgehensweise des Projektes Aufarbeitung, welches zum Ende des Jahres 2022 konkrete Handlungsleitlinien für Sportverbände und -vereine im Umgang mit vergangen Fällen sexualisierter Gewalt im Sport herausbringen möchte. 

Auch Dr. Petra Tzschoppe betonte, dass der Start in das Projekt Aufarbeitung sexualisierter Belästigung und Gewalt im Sport gemeinsam mit denjenigen erfolgt, deren Expertisen für gelingende Aufarbeitung unabdingbar sind. „Neben gesellschaftlichen, politischen, wissenschaftlichen und sportpraktischen Perspektiven sind es vor allem die Erfahrungen derjenigen, die selbst und unmittelbar von sexualisierter Gewalt im Sport betroffen waren. Sie sind zentral im Aufarbeitungsprozess. Beim Hearing haben sie einen ganz wichtigen Impuls gesetzt, zahlreiche weitere Betroffene haben sich gemeldet. Jetzt sind wir, die Verbände und Vereine, in der Pflicht. Das Projekt Aufarbeitung ist mehr als ein Projekt – es ist eine ständige Aufgabe! Lassen Sie uns diese gemeinsam angehen!“ 

 

 

 

 


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