Gemeinsam mit der DFL Stiftung hat die Deutsche Sportjugend (dsj) den Qualitätskatalog für Bewegungskitas von Prof. Dr. Rolf Schwarz herausgegeben. Der Katalog unterstützt die dsj-Mitgliedsorganisation bei der Beratung von Kitas und gibt konkrete Kriterien an die Hand, um die Bewegungsförderung von Kindern zu verbessern.
Warum ist gezielte Bewegungsförderung bzw. das Ermöglichen von Bewegung in Kitas heute wichtiger denn je? Die Sportjugend Schleswig-Holstein engagiert sich mit der Kampagne „Kinder in Bewegung“ für mehr Alltagsbewegung in Kindertagesstätten – durch Gütesiegel, Kooperationen mit Sportvereinen und fundierte Qualifizierungen. Im Interview erläutert Julia Thurm, Bildungsreferentin der Sportjugend-Schleswig-Holstein, warum Bewegung kein „Extra“, sondern eine wichtige Grundlage für gesundes Aufwachsen ist, und welche Chancen in der Zusammenarbeit zwischen Kitas und Vereinen liegen.
Ihr arbeitet aktiv im Bereich der Bewegungsförderung in Kitas. Kannst du uns in kurzen Worten eure Arbeit in diesem Feld vorstellen?
Die Sportjugend Schleswig-Holstein engagiert sich im Rahmen der Kampagne „Kinder in Bewegung“ aktiv für mehr Bewegung in Kindertagesstätten. Ein zentrales Element ist das Gütesiegel „Anerkannte Bewegungskita Schleswig-Holstein“, mit den Kitas ausgezeichnet werden die Bewegung als Kernaufgabe in ihrem Alltag betrachten. Mit dem Förderprogramm „Kita & Verein“ werden regionale Strukturen in Form von Kooperationen zwischen Kindertagesstätte und Sportverein rund um aktive Bewegungsangebote für Kinder bezuschusst und somit gestärkt. Zusätzlich bieten wir Qualifizierungsangebote an, darunter die Einstiegsqualifizierung „Elementare Bewegungsförderung“ und regionale Fachtage „Kinder in Bewegung“. Als Basisqualifizierung kann, aufbauend die Kompaktfortbildung „Elementare Bewegungsförderung“ besucht werden, die fundierte Inhalte für die bewegte Arbeit mit Kindern bereit hält.
Warum braucht es überhaupt Konzepte für Bewegungsförderung in der Kita? Bewegen sich die Kinder nicht auch von alleine genug?
Kinder haben von Natur aus einen ausgeprägten Bewegungsdrang – das ist richtig. Doch Studien zeigen, dass sich viele Kinder im Alltag nicht mehr ausreichend bewegen. Gründe dafür sind unter anderem lange Sitzzeiten, ein zunehmender Medienkonsum, Bewegungsmangel im familiären Umfeld oder ein eingeschränktes Raumangebot im Wohnumfeld.
Kitas spielen daher eine zentrale Rolle, um allen Kindern – unabhängig von ihrer sozialen Herkunft – regelmäßige und vielfältige Bewegungsmöglichkeiten zu bieten. Durch durchdachte Konzepte zur Bewegungsförderung kann Bewegung gezielt in den Kita-Alltag integriert werden. Das stärkt nicht nur die körperliche Entwicklung, sondern fördert auch Motorik, Konzentration, soziales Verhalten und das Selbstbewusstsein der Kinder.
Kurz gesagt: Bewegungsförderung in der Kita ist kein „Extra“, sondern eine wichtige Grundlage für gesundes und ganzheitliches Aufwachsen.
Warum engagiert ihr euch außerhalb der Sportstruktur für die Bewegungsförderung von Kindern? Welche Ziele verfolgt ihr damit?
Wir engagieren uns gezielt auch außerhalb klassischer Sportstrukturen, weil Bewegungsförderung alle Kinder erreichen muss – unabhängig davon, ob sie in einem Sportverein aktiv sind. Gerade Kitas bieten ideale Voraussetzungen, frühzeitig Freude an Bewegung zu vermitteln und gesundheitliche Ungleichheiten abzubauen. Unser Ziel ist es, Bewegung als festen Bestandteil im Alltag der Kinder zu verankern, ihre körperliche, soziale und emotionale Entwicklung zu stärken und langfristig Chancengleichheit zu fördern. Dafür vernetzen wir Bildung, Sport und Gesundheit miteinander – ganz im Sinne einer präventiven und nachhaltigen Gesundheitsförderung.
Warum würdet ihr einer Kita raten, sich bewegungsförderlich aufzustellen und mit einem Sportverein zu kooperieren?
Eine bewegungsförderliche Kita stärkt die gesunde Entwicklung der Kinder ganzheitlich – körperlich, geistig und sozial. Durch die Kooperation mit einem Sportverein entstehen zusätzliche, qualitätsgesicherte Bewegungsangebote und neue Erfahrungsräume. Gleichzeitig profitieren Kitas von der Fachkompetenz der Sportvereine. So wird Bewegung zum festen Bestandteil im Alltag der Kinder – spielerisch, regelmäßig und nachhaltig.
Und wie sieht es mit dem Sportverein aus? Wie argumentiert ihr in Richtung der Vereine, um sie zu ermutigen eine Kooperation einzugehen?
Für Sportvereine bietet die Kooperation mit Kitas die Chance, frühzeitig Kinder für Bewegung und Sport zu begeistern und langfristig Mitglieder zu gewinnen. Gleichzeitig stärken sie ihr gesellschaftliches Engagement und ihre Sichtbarkeit vor Ort. Durch gemeinsame Projekte mit Kitas können Vereine ihre Expertise einbringen, neue Zielgruppen erschließen und aktiv zur gesunden Entwicklung von Kindern beitragen – eine Win-win-Situation für beide Seiten.
Wo liegen aus eurer Sicht aktuell die größten Herausforderungen bezogen auf den Ausbau der Bewegungsförderung in Kitas und der Kooperation mit Sportvereinen und was braucht es aus eurer Sicht, sich diesen stellen zu können?
Eine zentrale Herausforderung ist der Fachkräftemangel in Kitas und die nachgefragten Bewegungsangebote im Vormittagsbereich für das engagierte Ehrenamt aus Sportvereinen – es fehlt oft an Zeit, Personal und Know-how, um zusätzliche Bewegungsangebote umzusetzen. Auch strukturelle Hürden wie fehlende Räume oder unklare Zuständigkeiten erschweren Kooperationen. Um dem zu begegnen, braucht es verlässliche Rahmenbedingungen: finanzielle Förderung, Qualifizierungsangebote, klare Ansprechpersonen und gute Netzwerke vor Ort. Wichtig ist zudem ein gemeinsames Verständnis aller Beteiligten, dass Bewegung ein Grundbaustein für gesundes Aufwachsen ist.
Auch die Fußball-Clubs der DFL Stiftung setzen sich für die Bewegungsförderung von Kindern ein. Wie sie Kindern mehr Bewegung ermöglichen und warum sie sich für Bewegungsförderung stark machen, erläutern vier bekannte Proficlubs im Interview.