Hasan Bradei

Hasan Bradei hat viele Unterschiede zwischen der Bürotätigkeit in Deutschland und Syrien festgestellt. Foto: Thüringer Sportjugend

„Sport ist ein Mittel, um sich schnell - auch ohne die Sprache zu beherrschen - integrieren zu können.“

Hasan Bradei sitzt in der Geschäftsstelle vom SV Schott Jena am Computer und checkt die E-Mails. Seit dem 1. September absolviert der 23-jährige Syrer hier sein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ). „Ich sammle Erfahrungen, wie man im Büro arbeitet. Es gibt so viele Unterschiede zwischen der Bürotätigkeit in Deutschland und Syrien“, erklärt Bradei, der täglich vormittags in der Geschäftsstelle hilft und am Nachmittag als Betreuer in der Turnhalle das Training der insgesamt neun Tischtennis-Teams des Vereins unterstützt. „Tischtennis ist mehr als ein Hobby für mich. Sport ist ein Mittel, um sich schnell - auch ohne die Sprache zu beherrschen - integrieren zu können, weil man viele Menschen kennenlernt. Mein Ziel war es, über Tischtennis die Sprache zu lernen.“ Das hat er geschafft, Bradei spricht fließend Deutsch.

2015 ist er nach Deutschland geflohen. Vor dem Krieg in seiner Heimat war er von 2010 bis 2012 im Tischtennis der Beste seines Landes, konnte damit in Syrien sogar etwas Geld verdienen. „Ich wollte nach Deutschland fliehen, um weiter Medizin zu studieren. Zudem sind die Deutschen im Tischtennis sehr gut“, lacht Bradei, der zunächst in der Gemeinschaftsunterkunft in Mühlhausen lebte und beim hiesigen Post SV seinem Hobby nachging. Nachdem er seine Aufenthaltsgenehmigung erhielt, zog es Bradei nach Jena, wo er glücklicherweise schnell eine Wohnung in bester Lage zur Turnhalle fand. „Ich habe mich vorher informiert, wo man Medizin studieren kann. Deshalb habe ich Jena gewählt“, erklärt der 23-Jährige, der von der Friedrich-Schiller-Universität bereits die Zusage hat, dass sechs Semester seines vierjährigen Medizin-Studiums in Syrien auch in Jena anerkannt werden. „Am liebsten würde ich zum Wintersemester 2018/19 mit dem Studium anfangen“, ist Bradei schon voller Vorfreude.

Bis dahin möchte er sich im FSJ beim SV Schott voll einbringen. Seit Mitte Oktober betreut er im Rahmen der Kooperation Schule-Sportverein Kinder während der Schul-AG in verschiedenen Sportarten. Seine Leidenschaft bleibt aber Tischtennis. Beim SV Schott spielt er in der zweiten Mannschaft in der Oberliga. „Mein Ziel ist es, mich irgendwann der ersten Mannschaft, die in der dritten Liga spielt, anzubieten. Und mein Traum ist die Bundesliga. Ich möchte schließlich das Größtmögliche erreichen.“ Über seinen Tischtennis-Abteilungsleiter Andreas Amend kam er auch zum FSJ. „Er hat mir empfohlen, das FSJ zu machen, um Erfahrungen zu sammeln, die Deutschkenntnisse zu verbessern und neue Leute kennenzulernen. Und er hatte Recht. Es war bis jetzt alles wunderbar. Ich habe tolle Kollegen, die mir immer helfen“, dankt Bradei. „Wir wussten nicht, was auf uns zukommt, aber wir sind sehr zufrieden mit Hasan. Wir haben es uns schwieriger vorgestellt. Wir lassen Hasan selber E-Mails auf Deutsch schreiben und korrigieren sie gegebenenfalls. Das kommt aber nicht so häufig vor“, lacht Paul Schletzke, der ebenfalls auf der Geschäftsstelle arbeitet.

Bradei scheint bereits gut integriert in Jena. „Aber nicht, weil ich deutsch spreche, bin ich gut integriert. Integration heißt auch, dass ich verstehe, wie die Deutschen denken und ein Nein zu akzeptieren, wenn etwas nicht geht. Es kommen zu viele Geflüchtete nach Deutschland, die Unterstützung voraussetzen. Für mich ist das nicht selbstverständlich“, ist er dankbar, weist aber auch darauf hin, dass unter den Geflüchteten viele qualifizierte Personen wie Ingenieure, Lehrer oder Ärzte sind.

Bradei spricht inzwischen von zwei Heimaten. „Ich würde nach Syrien zurückgehen, wenn dort wieder alles in Ordnung ist. Doch zunächst zählt für mich das FSJ. Ich kann Jedem nur empfehlen, das FSJ zu machen. Man lernt so viele Dinge, die für die Zukunft helfen“, weiß er, macht den Computer aus und verabschiedet sich in Richtung Turnhalle zum Training.

Thüringer Sportjugend


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